Baurecht – Baugenehmigung

Inhalt

Welche Wege zum formell rechtmäßigen Bauen gibt es?

Die Bayerische Bauordnung (BayBO) unterscheidet im Wesentlichen vier Verfahrensarten:

  • Verfahrensfreiheit, Art. 57: Hier muss nicht einmal die Baubehörde unterrichtet werden, dass man ein solches Vorhaben ausführt.
  • Genehmigungsfreistellung, Art. 58: Das Vorhaben muss durch Einreichung der notwendigen Unterlagen angezeigt werden, es braucht aber keine Baugenehmigung, sofern die Gemeinde nicht erklärt, dass ein formelles Genehmigungsverfahren stattfinden soll.
  • Vereinfachtes Genehmigungsverfahren, Art. 59: Es werden nur bestimmte baurechtliche Vorschriften geprüft.
  • (Vollständiges) Genehmigungsverfahren, Art. 60: Es werden alle baurechtlichen Vorschriften geprüft.

Der Prüfungsumfang ändert aber nichts daran, dass alle baurechtlichen Vorschriften eingehalten werden müssen, um ein späteres bauaufsichtliches Einschreiten zu vermeiden.

Was bedeutet es, wenn für das Vorhaben ein Planfeststellungsverfahren notwendig ist?

Dann werden alle (auch baurechtlichen) Vorschriften im Rahmen des Planverfahrens geprüft („formelle Konzentrationswirkung“). Geprüft wird dann durch die für dieses zuständige Behörde, nicht durch die Baubehörden. Unter bestimmten Voraussetzungen (§ 38 Satz 1) gelten die Vorschriften der §§ 30 bis 37 allerdings nicht.

Wann ist ein Vorhaben im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans zulässig?

Im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans richtet sich die Zulässigkeit des Bauvorhabens gemäß § 30 Abs. 1 BauGB ausschließlich nach den Festsetzungen dieses Bebauungsplans. Auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 34 und 35 kommt es nicht an.

Zulässig ist das Vorhaben dann, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht und – in der Regel nicht problematisch – die Erschließung gesichert ist.

Was bedeutet es, wenn im Bebauungsplan eines der Baugebiete der BauNVO verwendet wird?

Wird ein Grundstück als eines der Baugebiete des § 1 Abs. 2 BauNVO bezeichnet, wird die BauNVO insoweit Teil des Bebauungsplans. Weist der Plan also bspw. ein Grundstück als reines Wohngebiet aus, so bedeutet dies, dass Wohn- und Kinderbetreuungsanlagen immer (§ 3 Abs. 2 BauNVO), kleinere Läden und Anlagen (§ 3 Abs. 3) ausnahmsweise und alle anderen Bauten nicht zulässig sind. Die BauNVO wird dadurch also zum Prüfungsmaßstab im Rahmen des § 30 BauGB.

Wie kann die Gemeinde das gewählte BauNVO-Gebiet wieter differenzieren?

Grundsätzlich kann dies nur im Rahmen von § 1 Abs. 4 bis 9 erfolgen, wobei die Grenze aber in der Wahrung des Gebietscharakters liegt. Der Bebauungsplan kann also nicht das eine Gebiet festsetzen, gleichzeitig aber derartige Abweichungen festlegen, dass tatsächlich das gewählte Gebiet nicht mehr vorliegt.

Sind Vorhaben, die in der BauNVO ausdrücklich für zulässig erklärt werden, immer automatisch zulässig?

Grundsätzlich ja, allerdings kann sich aus § 15 BauNVO die Unzulässigkeit ergeben, wenn das Vorhaben ausnahmsweise nicht gebietsverträglich ist. Kriterien dafür sind Anzahl, Lage, Umfang, Zweckbestimmung, Belästigungen und Störungen. Diese dürfen sich aber nur auf die betroffenen Grundstücke beziehen, eine bestimmte Sozialstruktur („Verbot von Luxussanierungen“) darf nicht angestrebt werden.

Wann ist ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich zulässig?

Im unbeplanten Innenbereich, also in den Teilen des Innenbereichs, für die kein qualifizierter Bebauungsplan vorliegt, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es die Voraussetzungen des § 34 BauGB einhält. Sofern ein einfacher Bebauungsplan besteht, muss das Vorhaben dessen Festsetzungen erfüllen und bzgl. der fehlenden Festsetzungen wird auf § 34 zurückgegriffen.

Geprüft werden muss:

  1. Liegt das Vorhaben wirklich im Innenbereich?
  2. Werden ggf. die Festsetzungen eines einfachen Bebauungsplans eingehalten?
  3. Fügt sich das Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 und 2 BauGB in die nähere Umgebung und deren Eigenarten ein?
  4. Wurde eine Abweichung beantragt und kann ihr gemäß § 34 Abs. 3a zugestimmt werden?
  5. Wird auf die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse und das Ortsbild geachtet (§ 34 Abs.1 Satz 2)?
  6. Ist die Erschließung gesichert?
Gelten die GRZ- und GFZ-Zahlen der BauNVO auch im unbeplanten Innenbereich?

Nein, es gibt hier keine Verweisung von § 34 BauGB auf die Bebauungszahlen der BauNVO. Allerdings muss das Bauvorhaben dem Maß der baulichen Nutzung der näheren Umgebung entsprechen. Dies wiederum wird an objektiven Maßstäben wie der Grundfläche, der Anzahl der Vollgeschosse und der Gebäudehöhe festgemacht.

Was kann die Gemeinde gegen eine Zunahme von Spielhallen in bestimmten Straßenzügen machen?

§ 9 Abs. 2b BauGB sagt:

Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um
1. eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2. eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

Damit ist es grundsätzlich zulässig, auch Spielhallen explizit für unzulässig zu erklären, um dadurch die gefühlte Abwertung bestimmter Gegenden zu verhindern.

Ist ein Spielhallenverbot eine unzulässige Negativplanung?

Im Prinzip ja, allerdings ist hier der § 9 Abs. 2b BauGB eine Spezialnorm, der diese Art der Negativplanung erlaubt.

Welchen Fall regelt § 34 Abs. 3a BauGB?

Diese Vorschrift soll einen bereits bestehenden, legal errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs privilegieren. Dieser kann erweitert, geändert, in der Nutzung geändert und neugebaut werden, auch wenn er sich nicht in die nähere Umgebung einfügt. Diese Abweichung muss jedoch städtebaulich vertretbar sein, die nachbarlichen Interessen berücksichtigen und darf die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung nicht beeinträchtigen (also kein extrem großes Einzugsgebiet haben).

Hinsichtlich der übrigen Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB (Erschließung, gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, Ortsbild) besteht kein Abweichungsrecht.

Welche Ziele verfolgt das Verbot „schädlicher Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche“ (§ 34 Abs. 3 BauGB)?

Von Bauvorhaben dürfen grundsätzlich „keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.“ Damit ist gemeint, dass insbesondere keine großen Verbrauchermärkte eröffnen dürfen, die Kundenverkehr aus den bisherigen Kernbereichen der Gemeinden „auf die grüne Wiese“ abziehen. Letztlich handelt es sich um einen systemwidrigen Konkurrenzschutz für bestehende Betriebe in bestimmten Lagen.

Ob die im Jahr 2004 eingeführte Norm durch die Rechtsprechung in eine brauchbare Form umgebaut werden kann, bleibt abzuwarten.

Welche Kriterien können für die Ermessensausübung bei einer Baubeseitigung herangezogen werden?

Wie allen bauaufsichtlichen Entscheidungen handelt es sich um eine sach- also grundstücksbezogene Entscheidung. Persönliche Verhältnisse des Bauherrn sind nicht relevant.

Die Kosten des Baus und der Beseitigung sind grundsätzlich kein Grund gegen einer Beseitigungsanordnung.

Können einem Vorhaben im Innenbereich weitere Belange entgegengehalten werden?

Nein, § 34 BauGB ist insoweit abschließend. Andere Gesichtspunkte sind nicht relevant und können die Zulässigkeit nicht zu Fall bringen.

Was ist eine Ausnahme (§ 31 Abs. 1 BauGB)?

Gemäß § 31 Abs. 1 BauGB kann der Bebauungsplan bereits Ausnahmen von sich selbst vorsehen. Das bedeutet, dass der Plan an sich eine andere Festsetzung gewählt hat, die Ausnahme aber (eben ausnahmsweise) zugelassen werden kann. Besonders bedeutend sind die zahlreichen Ausnahmen, die die Baunutzungsverordnung (BauNVO) für die verschiedenen Gebiete festsetzt. Diese werden Teil des Bebauungsplans, sofern dieser Grundstücke einem Gebietstyp der BauNVO zuordnet.

Ein Bauvorhaben, das einer Ausnahme bedarf, entspricht also zunächst einmal nicht dem Bebauungsplan, ist aber trotzdem nicht von vornherein unzulässig.

Hat man Anspruch auf eine Ausnahme (§ 31 Abs. 1 BauGB)?

Nein, die Entscheidung über die Zulassung einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB ist eine Ermessensfrage. Das Ermessen steht dabei sowohl der Gemeinde bei der Erteilung ihres Einvernehmens (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB, Art. 63 Abs. 3 Satz 2 BayBO) als auch dem Landratsamt als Bauaufsichtsbehörde zu.

Was ist eine Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB)?

Eine Befreiung bedeutet eine Abweichung vom Bebauungsplan, die in diesem nicht zugelassen ist; eine zugelassene Abweichung ist demgegenüber eine Ausnahme. Die Befreiung ermöglicht es also, im Widerspruch zum Bebauungsplan zu bauen.

Wann ist eine Befreiung (§ 31 Abs. 2 BauGB) zulässig?

Die Befreiung kann erteilt werden, wenn

  1. die Grundzüge der Planung nicht berührt werden,
  2. die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist und
  3. ein besonderer Befreiungsgrund vorliegt, nämlich:
    • das Wohl der Allgemeinheit
    • städtebauliche Vertretbarkeit
    • besondere Härte
Wann ist eine Befreiung im Sinne des Wohls der Allgemeinheit (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB)?

Das Allgemeinwohl kann ein Bauvorhaben nur dann legalisieren, wenn es zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben vernünftigerweise geboten wird. Es muss aber nicht unbedingt notwendig oder gar überlebenswichtig für die Gemeinde sein.

Beispiele sind Freizeit-, Kultur- und Sporteinrichtungen. aber auch Versorgungsbetriebe.

Wann ist eine Befreiung städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB)?

Dieser Tatbestand klingt zunächst sehr weit und legt nahe, dass jede Befreiung schon dann zulässig ist, wenn sie nur „vertretbar“ (also irgendwie zu begründen) ist. Tatsächlich soll dies aber nur ein Ausnahmetatbestand sein, „vertretbar“ bedeutet vielmehr, dass der Bebauungsplan fehlerfrei auch so lauten könnte, dass das Vorhaben zulässig wäre. Das Grundstück, für das eine Befreiung beantragt wird, muss vom Bebauungsplan in besonderer Weise betroffen sein.

Wann liegt eine offenbar nicht beabsichtigte Härte (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) vor?

Dabei muss es sich um eine auf das Grundstück bezogene Härte handeln, die sich aus den Eigenheiten des Grundstücks, z.B. aus seiner Lage oder seinem Zuschnitt, ergibt. Entscheidend ist, dass die Gemeinde diese Härte eigentlich nicht herbeiführen wollte und den Plan anders gefasst hätte, wenn sie sich dem bewusst gewesen wäre.

Wann wird die Baugenehmigung durch andere Gestattungen verdrängt?

An die Stelle der Baugenehmigung treten andere Gestattungen, wenn dies gesetzlich so vorgesehen ist. Insbesondere ist das der Fall

  1. im Wasserrecht (Art. 20 und 35 BayWG, §§ 68 Abs. 1 und 70 Abs. 1 WHG),
  2. im Immissionsschutzrecht (§ 13 BImSchG),
  3. bei Abgrabungen (§ 56 Satz 1 Nr. 2 BayBO) und
  4. bei Werbeanlagen, die einer straßenverkehrsrechtlichen Erlaubnis bedürfen (§ 56 Satz 1 Nr. 5 BayBO).

Weitere Beispiele finden ich in den übrigen Nummern von § 56 BayBO.

Sind örtliche Bauvorschriften durch die Baubehörden zu prüfen?

Ja, sowohl Art. 59 Satz 1 Nr. 1 als auch Art. 60 Abs. 1 Nr. 2 BayBO sehen vor, dass diese Vorschriften im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Werden die Abstandsflächen im vereinfachten Genehmigungsverfahren (§ 59 BayBO) geprüft?

Eine Prüfung erfolgt grundsätzlich nur im Rahmen der Prüfung einer Abweichung gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 und 63 Abs. 1 und 2 BayBO. Darüber hinaus kann eine Überprüfung erfolgen, wenn sich Zweifel an der Einhaltung der Abstandsflächenregelungen förmlich aufdrängen; verpflichtend ist dies aber nicht.

Wie kann die Baubehörde reagieren, wenn gegen Vorschriften verstoßen wurde, die sie nicht prüfen muss?

Grundsätzlich kann die Behörde auch dann die Baugenehmigung verweigern, da ihr diese Möglichkeit durch Art. 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz offengelassen wird:

die Bauaufsichtsbehörde darf den Bauantrag auch ablehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige öffentlich- rechtliche Vorschriften verstößt.

Sie ist aber nicht gehindert, die Baugenehmigung trotzdem zu erteilen. Sie kann dann den Bauherrn auf den Verstoß aufmerksam machen oder unmittelbar bauaufsichtliche Maßnahmen ergreifen, insb. die Einstellung der Arbeiten gemäß Art. 75 BayBO verfügen.

Kann ein Bauvorhaben untersagt werden, wenn es gegen § 33 BauGB verstößt?

Nein, § 33 BauGB ist ausschließlich ein Zulassungs- und kein Untersagungstatbestand. Ein Vorhaben ist also nicht deswegen unzulässig, weil es einem aufzustellenden Plan widerspricht. Es ist aber unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig, wenn es zwar nicht dem bestehenden, aber dem kommenden Bebauungsplan entspricht.

Welche Pflichten hat der Bauherr?

Der Bauherr muss unter anderem

  1. die Baustellentafel anbringen (Art. 9 Abs. 3 BayBO),
  2. für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften sorgen (Art. 49),
  3. geeignete Entwurfsverfasser und Unternehmer beauftragen (Art. 50 Abs. 1 Satz 1),
  4. die vorgeschriebene Korrespondenz mit den Behörden erledigen (Art. 50 Abs. 1 Satz 2, Art. 58 Abs. 3, Art. 64 Abs. 4),
  5. eine Übernahme der Bauherrneigenschaft anzeigen (Art. 50 Abs. 1 Satz 3) und
  6. den Nachbarn die Pläne zur Unterzeichnung vorlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1).
Welche Rechtsgrundlage gibt es für bauaufsichtliche Maßnahmen, wenn keine Spezialnorm einschlägig ist?

Aufgrund des allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsatzes, dass eine Aufgabenzuweisung noch keine Befugnis zum Treffen von Einzelanordnungen gibt, bedarf es stets einer bestimmten Befugnisnorm. Wenn es keine konkrete Norm gibt, muss auf die Generalklausel des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 zurückgegriffen werden:

Sie (die Bauaufsichtsbehörden) können in Wahrnehmung dieser Aufgaben (der Bauaufsicht) die erforderlichen Maßnahmen treffen

Wer muss dem Nachbarn die Baupläne zur Unterzeichnung vorlegen?

Diese Pflicht trifft den Bauherrn gemäß Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO.

Welche Wirkung hat die Unterschrift des Nachbarn?

Die Nachbarunterschrift stellt für sich gesehen keine „Genehmigung“ oder Ähnliches dar. Sie ist auch kein notwendiger Schritt auf dem Weg zur Baugenehmigung. Vielmehr handelt es sich um eine Zustimmung zu den Plänen in dem Sinne, dass er sich nicht gegen das Bauvorhaben wehren wird. Er verzichtet auf öffentlich-rechtliche Rechtsbehelfe und private Abwehransprüche. (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BayBO).

Wie ist eine Klage des Nachbarn zu behandeln, der die Baupläne unterschrieben hat?

Eine solche Klage ist unzulässig, da ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Es handelt sich um einen Fall des widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium). Denn die Unterschrift galt gemäß Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BayBO als Zustimmung und damit als Verzicht auf sämtliche Abwehransprüche.

Muss die Bauaufsichtsbehörde einem Nachbarn, der nicht unterschrieben hat, die Pläne zusenden?

Hier muss man unterscheiden:

Im Moment der Bauantragstellung muss sie ihm keine Pläne zusenden, sie kann dies aber tun, um ihn anzuhören (Art. 66 Abs. 1 Satz 3 BayBO).

Erteilt die Behörde die Baugenehmigung, so hat sie einem nicht unterschreibenden Nachbarn die Baugenehmigung (und damit auch den Inhalt der Baupläne) aber zuzustellen, Art. 66 Abs. 1 Satz 6 BayBO.

Bewirkt eine unterlassene Nachbarbeteiligung die Rechtswidrigkeit des Bauvorhabens?

Nein, die Verletzung formeller Nachbarschutznormen alleine reicht nicht. Der Nachbar muss in eigenen materiellen Rechten verletzt sein, der Bau also sein Eigentumsrecht am Grundstück durch Verletzung nachbarschützender Normen in irgendeiner Form tangieren.

Ändert sich durch die Unterschrift des Nachbarn das Prüfprogramm der Bauaufsichtsbehörde?

Nein, die Unterschrift bewirkt nur einen Verzicht auf Rechtsbehelfe, sie nimmt also vor allem die Klagebefugnis. Trotzdem müssen Rechtsnormen, die (auch) den Nachbarn schützen sollen, weiterhin geprüft werden, da die Rechtmäßigkeit einer objektiven Feststellung bedarf.

Was ist generell-typisierender Drittschutz?

Beim generell-typisierenden Drittschutz handelt es sich um nachbarschützende Normen, die den Nachbarn unabhängig davon schützen, ob er persönlich in bestimmter Weise betroffen ist.

Beispiele: Gebietserhaltungsanspruch im Baugebiet, Abstandsflächen.

Was ist einzelfallbezogener Drittschutz?

Beim einzelfallbezogenen Drittschutz wird nur der Nachbar geschützt, der persönlich individuell vom Bauvorhaben betroffen ist.

Beispiele: allgemeines Rücksichtnahmegebot, Gebot des „Einfügens“.

Ist die Geflügelhaltung in einem Wohngebiet zulässig?

Grundsätzlich schon, allerdings nur in beschränktem Umfang. Die erlaubte Maximalzahl hängt von den genauen Umständen ab, ein Richtwert von ca. 20 Tieren ist aber ein guter Anhaltspunkt.

Wann ist die Nutzungsänderung verfahrensfrei?

§ 57 Abs. 4 BayBO sagt:

Verfahrensfrei ist die Änderung der Nutzung von Anlagen, wenn

1. für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 und Art. 62 als für die bisherige Nutzung in Betracht kommen oder

2. die Errichtung oder Änderung der Anlagen nach Abs. 1 und 2 verfahrensfrei wäre.

In den Fällen der Nr. 1 geht es also um die Frage, ob die neue Nutzung faktisch von der bisherigen Genehmigung umfasst wäre. Nr. 2 bestätigt lediglich, dass die Nutzungsänderung nicht schwerer sein kann als die Errichtung oder bauliche Änderung.

Können größere Vorhaben in einzelne Teile aufgespalten werden, damit diese Teile einem einfacheren Verfahren unterliegen?

Nein, in diesem Fall sind alle Teile eines zusammengehörigen Vorhabens nach dem Verfahren zu genehmigen, das für das Gesamtvorhaben gilt, also praktisch nach dem aufwändigsten Verfahren.

Beispiel: Eine Garage ist zwar nach Art. 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b) BayBO verfahrensfrei. Ist die Garage aber Teil des Hausbaus (z.B., weil dieser ohne die Garage aufgrund der Stellplatzpflicht nicht möglich wäre), so kann die Garage nicht aus dem Gesamtvorhaben herausgelöst und einfacher realisiert werden.

Ist eine Baugenehmigung für ein verfahrensfreies Vorhaben nichtig?

Nein, da dies keinen derart schwerwiegenden und offenkundigen Fehler gemäß Art. 44 BayVwVfG darstellt, dass Nichtigkeit eintreten müsste.

Hat eine überflüssige Baugenehmigung materiellrechtliche Wirkung?

Ja, auch eine Baugenehmigung, die es eigentlich nicht bräuchte, bescheinigt materiellrechtlich, dass das Bauvorhaben dem geltenden Recht entspricht.

Kann der Nachbar eine überflüssige Baugenehmigung anfechten?

Ja, aufgrund ihrer materiellrechtlichen Wirkung ist der Nachbar genauso betroffen wie wenn eine notwendige Baugenehmigung erteilt worden wäre.

In welchen Fällen ist die Baugenehmigung das vorrangige Verfahren?

In seltenen, wenig praxis- oder klausurrelevanten Fällen findet eine formelle Konzentrationswirkung zugunsten des Baugenehmigungsverfahren statt. Dieses ist vorrangig gegenüber denkmalschutzrechtlichen (Art. 6 Abs. 3 Denkmalschutzgesetz) und straßensondernutzungsrechtlichen (Art. 18 Straßen- und Wegegesetz) Genehmigungen.

Können auch mehrere Genehmigungen nebeneinander notwendig sein?

Ja, dies ist immer dann der Fall, wenn keines der betroffenen Gesetze eine formelle Konzentrationswir­kung in die eine oder andere Richtung anordnet.

Dies ist vor allem im Gaststättenrecht (§ 1 GastG) relevant.

Welche Behörde prüft bei nebeneinander stehenden Genehmigungen Tatbestandsmerkmale, die für beide Behörden relevant sind?

Sollte eine Frage für beide Genehmigungen relevant sein, so wird diese von der sachnäheren Behörde geprüft. Deren Ergebnis ist für die andere(n) Behörde(n) bindend.

Welche Behörde sachnäher ist, wird danach entschieden, zu welchem Regelungsgegenstand der stärkere Bezug besteht.

Ist ein Bauvorhaben plankonform, wenn es nur ganz unerheblich von Bauvorschriften abweicht?

Grundsätzlich nicht, eine Freistellung scheitert dann stets.

Einzige Ausnahme ist das Abweichen in geringfügigem Ausmaß von Baulinien oder Baugrenzen gemäß § 23 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BauNVO. Dabei handelt es sich um kodifizierte Ausnahmetatbestände, die aus sich heraus gelten.

Ist die Erklärung der Gemeinde über die Durchführung des Genehmigungsverfahrens ein VA?

Nein, es handelt sich dabei nur um eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung.

Wann kann die Gemeinde ein Genehmigungsverfahren verlangen?

Im Prinzip immer. Es genügt jeder sachliche, mit dem Bauvorhaben zusammenhängende Grund. Insbesondere genügen auch Argumente, die mit der Planungshoheit der Gemeinde nichts zu tun haben.

Wie kann die Gemeinde den Bebauungsplan noch ändern, wenn bereits ein Freistellungsantrag eingereicht ist?

Der einfachste Weg führt hier sicher über eine Veränderungssperre. Kann diese jedoch nicht mehr rechtzeitig erlassen werden, kommen folgende Vorgehensweisen in Betracht:

  • Verlangen nach Durchführung des Genehmigungsverlangens, um das Verfahren zu verzögern
  • Antrag auf vorläufige Untersagung (Art. 58 Abs. 2 Nr. 4 BayBO)

In der so gewonnenen Zeit kann dann eine Veränderungssperre erlassen oder das Bauvorhaben nach § 15 Abs. 1 BauGB zurückgestellt werden.

Ist der Antrag auf vorläufige Untersagung eine laufende Angelegenheit?

Ja, denn die Gemeinde hat durch Erlass des Bebauungsplans ihre Planhoheit abschließend ausgeübt und damit die Grundlagenentscheidung (durch den Gemeinderat) getroffen. Die vorläufige Untersagung hat demgegenüber keine besondere Bedeutung mehr.

Zudem dürfte es sich regelmäßig um eine dringliche Angelegenheit (Art. 37 Abs. 3 Satz 1 GemO) handeln.

Wann gilt die Freistellung nach Ablauf der Monatsfrist (Art. 58 Abs. 3 Satz 3) nicht?

Keine Anwendung hat die Monatsfrist natürlich, wenn die Gemeinde vor Ablauf erklärt hat, dass ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden soll oder sie eine vorläufige Untersagung beantragt hat. Außerdem beginnt die Frist bei unvollständigen Unterlagen schon gar nicht zu laufen, der Ablauf eines Monats ist also hier nicht relevant.

Wann beginnt die Monatsfrist für die Freistellung?

Es handelt sich um eine Ereignisfrist, die vom Eingang der vollständigen Unterlagen abhängt. Sie beginnt also am Tag nach dem Zugang, den der Bauherr zu beweisen hat.

Wie kann die Gemeinde die Frist wahren?

Grundsätzlich muss sie den Zugang der Willenserklärung innerhalb der Frist nachweisen. Bei Übermittlung per einfachem Brief ist die Drei-Tages-Fiktion des Art. 41 Abs. 2 BayVwVfG, die eigentlich nur für VA gilt, analog anzuwenden.

Beantragt die Gemeinde die vorläufige Untersagung, muss sie den Bauherrn ebenfalls innerhalb der Monatsfrist davon benachrichtigen, damit dieser nicht irrtümlich mit dem Bauvorhaben beginnt.

Wie wird der Nachbar beteiligt?

Gemäß Art. 58 Abs. 3 Satz 2 hat ihn der Bauherr zu informieren. Dies kann grundsätzlich formlos erfolgen, einer Planunterschrift (Art. 66 Abs. 1 Satz 1) bedarf es nicht zwingend, da Art. 58 Abs. 3 Satz 3 nicht auf diese Vorschrift verweist.

Wie kann sich der Nachbar bei verfahrensfreien und genehmigungsfreigestellten Bauvorhaben wehren?

Da hier kein Verwaltungsakt existiert, kann er keine Anfechtungsklage erheben. Er muss also aktiv mit der Verpflichtungsklage ein bauafsichtliches Vorgehen einfordern.

Genießt der Bauherr nach Ablauf der Monatsfrist des Art. 58 Abs. 3 Satz 3 Vertrauensschutz?

Nein, denn für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften ist er selbst verantwortlich. Die Gemeinde trifft keine Prüfpflicht, es gibt also auch kein Verhalten, auf das er vertrauen könnte.

Hat der Nachbar einen Anspruch darauf, dass das Genehmigungsverfahren durchgeführt wird?

Nein, formelle Fehler kann der Nachbar grundsätzlich nicht rügen. Er muss geltend machen, in seinen materiellen Rechten verletzt zu sein.

Ist ein Vorhaben im Außenbereich zulässig, wenn es im Innenbereich Standorte gibt, die aber nicht verfügbar sind?

Ja. Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 20.06.2013, BVerwG 4 C 2.12) bestätigt zwar die gesetzliche Wertung, dass die Verwirklichung im Innenbereich grundsätzlich Vorrang gegenüber einem Bau im Außenbereich genießt. Dabei stellt es aber allein darauf ab, ob die Standorte wirklich verfügbar sind. Insoweit ist auch darauf abzustellen, ob die Eigentümer dieser Grundstücke diese auch verkaufen oder anderweitig zur Verfügung stellen würden. Auf eine tatsächlich nicht realisierbare Baumöglichkeit muss sich der Bauherr nicht vertrösten lassen.

Muss der Bauherr zivilrechtlich befugt sein, das Bauvorhaben durchzuführen?

Nein, dies ist nicht notwendig. Weder das Eigentum noch eine sonstige Berechtigung werden durch die Bauaufsicht geprüft. Nur in Ausnahmefällen kann das Sachbescheidungsinteresse fehlen.

Wie werden Fachbehörden beteiligt?

Gemäß Art. 65 Abs. 1 Nr. 1 sind alle Behörden, ohne deren Stellungnahme die Genehmigungsfähigkeit des Antrags nicht beurteilt werden kann, durch die Bauaufsichtsbehörde zu unterrichten. Dafür legt sie die Pläne vor und fordert zu einer Stellungnahme innerhalb eines Monats auf.

Was passiert, wenn eine Fachbehörde nicht innerhalb eines Monats reagiert?

Die Behörden müssen innerhalb eines Monats ihre Zustimmung verweigern, ansonsten gilt sie gemäß Art. 65 Abs. 1 Satz 2 als erteilt.

Darf die Bauaufsichtsbehörde Gesichtspunkte noch prüfen, wenn die Zustimmung nicht durch die Fachbehörde verweigert wurde?

Ja, das Prüfprogramm bleibt insoweit unberührt. Unter Umständen muss sie hierfür den verspäteten Bericht abwarten.

Darf die Bauaufsichtsbehörde verspätete Stellungnahmen von Fachbehörden noch berücksichtigen?

Ja, Art. 65 Abs. 1 Satz 3 sagt ausdrücklich, dass für die Rechtmäßigkeit entscheidende Stellungnahmen stets zu berücksichtigen sind.

Welche Wirkung hat die Nachbarunterschrift auf den Plänen?

Die Unterschrift gilt als Zustimmung, Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BayBO. Dadurch verliert der Nachbar seine Klagebefugnis, eine eventuelle Klage wäre dann unzulässig.

Wie weit reicht die Wirkung der Nachbarunterschrift?

Der Rechtsverzicht bezieht sich nicht nur auf die Ausführung des Bauvorhabens, sondern auch auf die folgende Nutzung und ihre Begleiterscheinungen wie Immissionen. Ein Verzicht im Hinblick auf erhebliche Gesundheits- und Lebensgefahren dürfte dagegen nicht verzichtbar sein. Auch spätere Änderungen sind nicht erfasst.

Bis wann ist die Nachbarunterschrift widerruflich?

Grundsätzlich nur bis zum Zugang der Unterschrift bei der Baubehörde.

Muss die Baugenehmigungsbehörde trotz Nachbarunterschrift die nachbarschützenden Normen prüfen?

Ja, ihr Prüfprogramm wird dadurch nicht beeinträchtigt. Es handelt sich lediglich um einen Rechtsbehelfsverzicht des Nachbarn.

Bedeutet eine fehlende Nachbarbeteiligung, dass dieser in seinen Rechten verletzt ist?

Nein, es handelt sich lediglich um einen formellen Fehler, der dazu führt, dass der Nachbar alle seine Rechte behält und auch seine Rechtsbehelfsfrist nicht in Gang gesetzt wird. Eine Rechtsverletzung kann er nur darauf stützen, dass ein Verstoß gegen materiell nachbarschützende Vorschriften gegeben ist.

Was ist im eingeschränkten Prüfprogramm (Art. 59) zu prüfen?

Das eingeschränkte Prüfprogramm umfasst nur

  • die Zulässigkeit nach den §§ 29 bis 38 BauGB,
  • die Übereinstimmung mit örtlichen Bauvorschriften,
  • Abweichungen, sofern diese beantragt wurden, und
  • andere öffentlich-rechtliche Vorschriften, hinsichtlich derer die formelle Konzentrationswirkung gilt.
Was ist im umfassenden Prüfprogramm (Art. 60) zu prüfen?

Das umfassende Prüfprogramm umfasst im Gegensatz zum eingeschränkten Prüfprogramm das gesamte materielle Bauordnungsrecht.

Wann wird Fachrecht berücksichtigt?

Grundsätzlich wird Fachrecht im Rahmen der Baugenehmigung nur geprüft, wenn es durch eine Kollisionsnorm ausdrücklich dem Baugenehmigungsverfahren einverleibt wurde (Art. 59, 60 Satz 1 Nr. 3).

Nicht berücksichtigt wird bspw. das Gaststättenrecht.

Kann die Baugenehmigung versagt werden, wenn das Vorhaben gegen nicht zu prüfende Vorschriften verstößt?

Ja, dies ist gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO zulässig. Die Baubehörde muss also nicht erst die Genehmigung erteilen und danach sofort eine Einstellung verfügen, sondern kann dies bereits im Genehmigungsverfahren berücksichtigen. Insoweit fehlt es dem Bauherrn am Sachbescheidungsinteresse.

Muss die Baugenehmigungsbehörde auf Verstöße gegen nicht zu prüfende Vorschriften hinweisen?

Grundsätzlich nein, sie kann sich ein späteres Vorgehen gegen die Verstöße ihrem pflichtgemäßen Ermessen vorbehalten. Ein Hinweis darauf kann zweckmäßig sein, ist allerdings nicht verpflichtend.

Wie weit reicht die Feststellungswirkung der Baugenehmigung?

Nur so weit wie das Prüfprogramm reicht. Im Übrigen liegt die Einhaltung von Vorschriften in der eigenen Verantwortung des Bauherrn.

Erweitert die Baubehörde ihr Prüfprogramm über den Pflichtinhalt hinaus, so erstreckt sich die Feststellungswirkung hierauf nur, wenn sich dies aus dem Tenor der Genehmigung (und nicht etwa nur aus der Begründung) ergibt.

Gilt der eingeschränkte Prüfumfang auch für den Nachbarschutz?

Ja, der Nachbar kann die erteilte Baugenehmigung nicht mit dem Hinweis auf die Verletzung nicht zu prüfender Vorschriften anfechten; insoweit fehlt ihm die Klagebefugnis. Er muss in diesem Fall vielmehr auf bauaufsichtliches Einschreiten klagen.

Kann der Nachbar die Baugenehmigung wegen erteilter Abweichungen anfechten?

Ja, diese sind integraler Bestandteil der Baugenehmigung, da sie bestimmen, welches Bauvorhaben genau zulässig ist.

Wann bedarf die Baugenehmigung einer Begründung?

Grundsätzlich nur, wenn von nachbarschützenden Vorschriften abgewichen wurde oder nachbarlichen Einwendungen nicht stattgegeben wurde (Art. 68 Abs. 2 Satz 2) oder das gemeindliche Einvernehmen ersetzt wurde (Art. 67 Abs. 3 Satz 1).

Wem ist die Baugenehmigung zuzustellen?

Die Zustellung erfolgt an

  • den Antragsteller
  • die Gemeinde, sofern sie nicht zugestimmt hat,
  • den Nachbarn, sofern dieser nicht zugestimmt hat oder einen Einwendungen nicht stattgegeben wurde.
Welche Folgen hat ein Zustellungsmangel?

Der Bauherr darf ab Bekanntgabe grundsätzlich mit dem Bau beginnen.

Hinsichtlich anderer Beteiligter beginnt ihre jeweilige Klagefrist in diesem Fall nicht zu laufen. Heilung gemäß Art. 9 VwZVG durch tatsächlichen Zugang ist möglich. Außerdem verwirkt der Nachbar sein Recht, wenn er nicht innerhalb eines Jahres nach (zumutbarer Möglichkeit der) Kenntnisnahme Klage erhebt.

Wann darf eine Baugenehmigung mit Nebenbestimmungen versehen werden?

Die Baugenehmigung ist in der Regel ein gebundener Verwaltungsakt. Ein solcher darf nur dann mit einer Nebenbestimmung verbunden werden, wenn dies besonders zugelassen ist oder die gesetzlichen Voraussetzungen sicherstellen soll.

Allerdings können Baugenehmigungen, die eine Abweichung beinhalten (Art. 63 Abs. 1), grundsätzlich mit einer Nebenbestimmung versehen werden, da hier kein Anspruch auf die Genehmigung besteht.

Wie lang gilt die Baugenehmigung?

Die Baugenehmigung gilt an sich unbegrenzt, sie erlischt aber, wenn vier Jahre lang kein Gebrauch von ihr gemacht wurde (Art. 69 Abs. 1, erster Halbsatz). Allerdings sind mehrere Unterbrechungen von insgesamt längerer Dauer, aber jeweils weniger als vier Jahren zulässig, sofern die Fertigstellung immer noch beabsichtigt wird. Bei einer Klage gegen die Baugenehmigung verlängert sich die Frist bis zur Unanfechtbarkeit (Art. 69 Abs. 1, zweiter Halbsatz).

Kann Geltungsdauer der Baugenehmigung verlängert werden?

Ja, es sind beliebig viele Verlängerungen um jeweils bis zu zwei Jahre möglich (Art. 69 Abs. 2 Satz 1), wobei aber der Antrag vor dem Erlöschen der Genehmigung zugegangen sein muss, damit noch eine rückwirkende Verlängerung (Art. 69 Abs. 2 Satz 2) möglich ist.

Was ist Voraussetzung für die Verlängerung?

Eine Verlängerung erfolgt nur, wenn das Vorhaben weiterhin den zu prüfenden Bauvorschriften entspricht. Hierfür bedarf es wiederum des gemeindlichen Einvernehmens. Eine erneute Nachbar- und Fachbehördenbeteiligung ist dagegen nicht notwendig, wenn sich an der Sach- und Rechtslage nichts geändert hat.

Was ist passiver Bestandsschutz?

Eine wirksame und bestandskräftige Baugenehmigung verleiht dem fertigen Vorhaben passiven Bestandsschutz unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit. Das Vorhaben darf bestehen bleiben, insbesondere auch bei späteren Rechtsänderungen.

Wann endet der passive Bestandsschutz?

Der Bestandsschutz endet, wenn das Bauwerk, auf das er sich bezieht, vollständig zerstört ist. Bei einer Nutzungsunterbrechung gilt:

  • im ersten Jahr ist stets mit einer Wiederaufnahme der Nutzung zu rechnen;
  • im folgenden Jahr ist in der Regel mit einer Wiederaufnahme zu rechnen;
  • danach muss substantiierter Vortrag erfolgen, dass keine endgültige Nutzungsaufgabe vorliegt.
Welche Bedeutung hat die Versagung einer Baugenehmigung?

Bei einer abgelehnten Baugenehmigung bedeutet dies zunächst, dass ein Bauverbot besteht. Die Nichtübereinstimmung mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften wird dadurch aber nicht verbindlich festgestellt. Ein neuer Bauantrag kann daher jederzeit eingereicht werden.

Welche Bedeutung hat ein rechtskräftiges Urteil über die Versagung einer Baugenehmigung?

Die Bindungswirkung eines Urteils gilt zwischen denselben Beteiligten und ihren Rechtsnachfolgern bei unveränderter Sach- und Rechtslage. Die Behörde kann sich daher auf eine wiederholende Verfügung beschränken und lediglich auf das Urteil hinweisen.

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